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Drohende Verschlechterung des Mikroklimas im Stadtteil Freudenberg (Dotzheim)

Pressemittteilung und Stellungnahme der BI Grüne Zukunft Freudenberg vom 29.3.2022

Geplanter Park ist kein Ersatz für die Bebauung einer ökologisch wertvollen Grünfläche

BI fordert fundierte Alternativplanungen für Umnutzung der Bestandsgebäude der HSK oder Neuplanung von Werkswohnungen auf anderen Flächen sowie klare Ausführungsbestimmungen zum ausgerufenen Klimanotstand der Stadt Wiesbaden

Die zunehmende Bebauung und Versiegelung der Grünflächen in Freudenberg um die Helios/HSK Kliniken (Neubau Klinik, Zwerg Nase Klinik, Wohnheimbau, Gymnasium mit Parkplätzen, geplanter

„Gesundheitscampus“ und die jetzt forcierte Realisierung des Projekts „Tendenzfeld West“) gibt Grund zur Sorge wegen der vorhersehbaren Verschlechterung des Mikroklimas im Stadtteil Freudenberg/Dotzheim.

Anlass für diese Pressemitteilung ist die Antwort des Dezernenten für Soziales, Bildung, Wohnen und Integration vom 31. Januar 2022 auf eine Anfrage der BLW/ULW/BIG- Fraktion vom 28.09.2021 und das Bestehen auf die Bebauung des Grüngebiets um den Hubschrauberlandeplatz der HSK.

Die Antwort des Dezernenten Christoph Manjura macht deutlich, wie wenig die verantwortlichen Planer die sattsam bekannten Fakten bezüglich des Klimawandels wahrnehmen, geschweige denn zur Grundlage ihres Handels machen wollen. In der Antwort des Magistrats werden die Ergebnisse der KlimPrax-Studie sowie die im November 2021 neu veröffentlichten Analysen des Amts für Statistik und Stadtforschung Wiesbadener Wetter und Klima in Messungen und Projektionsdaten gänzlich ignoriert. Trotz Prognostizierung des Klimawandels und Wiesbaden als einem möglichen Brennpunkt („Hotspot“), befürwortet der Magistrat weiterhin den Bau von sechs Wohntürmen und weiteren Gebäuden auf dem äußerst sensiblen Grüngebiet.

Dabei liegen die Alternativen auf der Hand, an erster Stelle die Umnutzung der alten Bestandsgebäude. Der Abriss von erst 40 Jahre alten und gut erhaltenen Bestandsgebäuden ist auch im Hinblick auf Ressourcen- und Umweltschonung nicht vertretbar. Die vom Magistrat erwartete verbesserte „ökologische Bilanz im Betrieb“ des Neubaus würde durch unvergleichlich größere Schäden infolge des Abrisses zunichte gemacht.

(…) Bei der Betrachtung der Energiebilanz des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes fällt auf, dass durch die Bewertung von grauer Energie eine Sanierung jedem Neubau, selbst dem von Passivhäusern, vorzuziehen ist.

Quelle: Architects for Future https://www.architects4future.de/statement und das Umweltbundesamt

Deswegen fordert die BI, eine Umnutzung der Bestandsgebäude im Rahmen einer Machbarkeitsstudie unabhängig zu prüfen. Die Aussagen in der Antwort des Magistrats zu nachteiligen Gebäudetiefen und Raumhöhen, Gebäudestrukturen und Grundrissen sowie Erschließungssystemen sind fachlich nicht belegt. Etliche erfolgreich umgesetzte Beispiele der in Wohnnutzung umgewidmeten Kliniken in Deutschland beweisen das Gegenteil: u.a. in Berlin, Frankfurt, Ulm, Altbogenhausen, Homburg (Efze), Braunschweig, Schwerin und Karlsruhe. Wiesbaden hätte hier die Chance, eine modellhafte Planung eines ökologisch geforderten Umbaus älterer Gebäude durchzuführen, im Sinne des ausgerufenen Klimanotstands und einer verantwortungsvollen zukunftsorientierten Politik.

Der anzulegende Park anstelle der Bestandsgebäude wird aus mehreren Gründen keine nennenswerten Kaltluft- oder Biotopfunktionen entwickeln können, u.a. wegen des massiven Einbringens von Recyclingmaterial in die Abrissgrube: „… Böden mit Bauschutt im Untergrund neigen zur Trockenheit, weil sie wenig Wasser speichern können.“ Selbst Helios Infrastruktur geht beim Vortrag vor dem Ausschuss für Stadtentwicklung, Planung und Bau davon aus, dass der Park „zumindest keine Aufheizfläche sein wird„. Auf alle Fälle wird der Park den mehrfachen ökologischen Schaden keinesfalls kompensieren können: nämlich den des Klinikneubaus auf einem „unverzichtbaren“ Grüngebiet plus den der geplanten Wohnungsbebauung des Grüngebiets am Hubschrauberlandeplatz sowie der weiteren fortschreitenden Versiegelungen in der Nachbarschaft.

Die bereits existierende Grünfläche am Landeplatz könnte dagegen bei Bedarf für die Erholung der Mitarbeiter, deren Kindern und der Patienten genutzt werden (s. „tiny forest“-Idee). Seine unumstrittene positive Wirkung auf das Mikroklima des Stadtteils Freudenberg bliebe erhalten.

Nebenbei bemerkt, der durch die Helios angegebene Bedarf von 200 Wohneinheiten für Pflegekräfte ist an keiner Stelle nachgewiesen. Befragte Beschäftigte der HSK/Helios-Klinik merken an, dass die unmittelbare Nähe zum Arbeitsplatz für sie nicht unbedingt eine Wunschlösung wäre, da z.B. der Druck zu zusätzlichen Überstunden nicht auszuschließen ist. Wie die öffentliche Diskussion zeigt, kann man Pflegekräfte eher anwerben und halten, wenn vernünftige Arbeitsbelastungen und Entlohnungen geschaffen werden.

Die zu begrüßende Ausrufung des Klimanotstands durch die Stadtverordneten erfordert die Verabschiedung klarer Ausführungsbestimmungen, die auch dringend für die Projekte auf dem HSK- Gelände angewendet werden müssen. In diesem Sinne fordert die BI Grüne Zukunft Freudenberg eine ernsthafte Bürgerbeteiligung. Bisherige Gespräche mit Vertretern der GWW, der Helios sowie der Stadt waren pro-forma-Termine, da die Bedenken der Bürger und die Hinweise auf einschlägige Richtlinien sowie Studienergebnisse ohne eingehende Expertise einfach abgelehnt wurden. Es geht aber um das Grüngebiet, das sich in öffentlicher Hand befindet und dessen bauliche Veränderungen Auswirkungen für die Anwohner im nahen und weiteren Umfeld haben werden.