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Bündnis Stadtklima: Wiesbadener Klimanotstand hat Nachholbedarf

Pressemitteilung, Bündnis Stadtklima vom 20. Mai 2022

Bündnis Stadtklima fordert, die längst überfällige, verbindliche Beachtung der Erkenntnisse aus der Klimpraxstudie und den Wiesbadener Klimakarten in allen Maßnahmen der Stadtentwicklung. Eine Konkretisierung des Klimanotstands-Beschlusses ist dringend erforderlich.

Am 17. Mai 2022 hat das Wiesbadener Umweltamt die bioklimatischen Auswirkungen der Klimakrise in einer Sondersitzung des Schiersteiner Ortsbeirats vorgestellt. Dabei wurde erneut deutlich: Der 2019 beschlossene Klimanotstand [1] greift zu kurz.

„In Sachen Klimaanpassung ist der Klimanotstandsbeschluss viel zu schwammig“, erläuterte Katja Wölfinger vom Umweltamt auf Nachfrage. Denn das kommunale Mikroklima, das Wiesbaden durch entsprechende Klimaanpassungs- und Schutzmaßnahmen beeinflussen könnte, spielt in den Vereinbarungen des Klimanotstands kaum eine Rolle. Die Folge ist, zur Abwendung der schlimmsten bioklimatischen Auswirkungen auf die Menschen in Wiesbaden gibt der Klimanotstand keinen verbindlichen Rahmen vor.

Eindeutiges Ziel ist es stattdessen, Treibhausgase entsprechend dem Pariser Abkommen zu reduzieren. Ein gutes und richtiges Vorhaben. Das allein wird aber die Menschen in Wiesbaden nicht mehr vor den bereits beginnenden Auswirkungen der Klimakrise schützen können. Hitze, Trockenheit und Starkregenereignisse nehmen zu. Wiesbaden ist hierauf nicht nur unvorbereitet, sondern leistet dem Negativtrend teils Vorschub durch weitere Flächenversiegelungen in hoch sensiblen Bereichen.

Sämtliche Klimakarten [2] des Umweltsamts, die auch sehr klare Aussagen dazu treffen, welche Flächen unbedingt freigehalten oder entsiegelt werden müssten, sind unverbindlich und nur ein Teil der Abwägung im Bauleitplanverfahren. Es fehlt eine verbindliche Beachtung der Erkenntnisse aus der Klimpraxstudie [3] und den Wiesbadener Klimakarten in allen Maßnahmen der Stadtentwicklung.

Und selbst das im Klimanotstand festgeschriebene Ziel, die Treibhausgase zu reduzieren, wird von der Stadt untergraben. Allein für die geplante Bebauung des großen Kaltluftentstehungsgebietes im Ostfeld müssten schätzungsweise 500.000 Tonnen CO2 kompensiert werden. [4] Auch der Klimaschutzbeirat hat inzwischen klargestellt, dass eine klimaneutrale Bebauung dort unrealistisch ist. Das dürfte auch für das Westfeld zutreffen.

„(Fast) alles bekannt – Wir müssen nur noch handeln“, war die Präsentation des Umweltamts zum Stadtklima in der Schiersteiner Sondersitzung überschrieben. Doch die Stadt gibt sich selbst bei der Klimaanpassung nicht den notwendigen Handlungsrahmen – im Fall der CO2-Einsparung setzt sie ihn nicht um.


[1] „Wiesbaden erklärt den Klimanotstand“ – Beschluss Nr. 0291 der StVV vom 27. Juni 2019, Vorgang-Nr. 19-F-50-0001. Zu finden unter: https://piwi.wiesbaden.de/dokument/4/2296982

[2] Siehe digitaler Landschaftsplan der Landeshauptstadt Wiesbaden unter: https://www.gpm-webgis-10.de/geoapp/wiesbaden/landschaftsplan/

[3] Klimawandel in der Praxis, siehe z.B.: https://www.hlnug.de/themen/klimawandel-und-anpassung/projekte/klimprax-projekte/klimprax-stadtklima

[4] Schätzung eines Vertreters der Architektenkammer Hessen – vorgetragen in der Sitzung des Klimaschutzbeirats am 2. Dezember 2022; Wiesbadener Kurier „Kritik an Klimaschutzbeirat wegen Ostfeld“ 10.12.2021, https://www.wiesbadener-kurier.de/lokales/wiesbaden/stadtteile-wiesbaden/kastel/kritik-an-klimaschutzbeirat-wegen-projekt-ostfeld_24970098

sowie: https://www.fr.de/rhein-main/wiesbaden/wiesbaden-bau-des-ostfelds-erzeugt-tausende-tonnen-co2-91157872.html