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Ostfeld-Westfeld Update Nr. 21 vom 14. Juni 2022

Ostfeld-Westfeld Update Nr. 21 vom 14. Juni 2022

Hallo zusammen!

Heute also erstmalig mit neuem Titel: Ostfeld-Westfeld Update. Die aktuelle Entwicklung legt das nahe, vielleicht kommen ja auch noch Süd- und Nordfeld dazu .. (kleiner Scherz!)

In eigener Sache: Das Ostfeld Update (bzw. jetzt das Ostfeld-Westfeld Update) hat einen dauerhaften Platz im Internet gefunden. Das Bündnis Stadtklima hat sich bereit erklärt, die jeweiligen Ausgaben online zu stellen und entsprechend zu archivieren. Siehe https://www.buendnis-stadtklima.de/ostfeld-update/ Danke dafür! Und eine Gelegenheit, sich mit dem Bündnis und seiner Arbeit näher zu befassen. Es lohnt sich.

Wer es ernst meint mit Klimaschutz und Klimaanpassung darf keinen zusätzlichen Quadratmeter Freifläche versiegeln. Nicht im Ostfeld. Nicht im Westfeld. Wenn Politiker*innen sich als Fürsorger*innen im Auftrag der Bürgerschaft verstehen, ist es einfach. Oder?

In dieser Ausgabe:

  • Viel zum Westfeld. Die Diskussion ist in vollem Gange. Zumindest transparent außerhalb der Fraktionen im Rathaus.
  • Ein Blick nach Mainz; Stichwort Biotech-Standort.
  • Zahl der heißen Tage verdoppelt; WiKu 7. Juni 2022
  • Aktuelles aus der Regionalversammlung Südhessen.
  • Antwort des Baudezernenten auf die Frage zur Schienenanbindung Ostfeld vom 19. Mai 2022
  • Leserbrief zum Ostfeld vom 8. Juni 2022, Wiesbadener Kurier
  • Neuer Flyer vom Bündnis Stadtklima für Westfeld und Ostfeld
  • Blick über den Tellerrand: Ein Bio-Bauer verklagt Volkswagen, Tagesspiegel vom 21. Mai 2022 https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/unser-hof-ist-bedroht-warum-bio-bauer-allhoff-cramer-volkswagen-verklagt/28362868.html

Zur Tagespolitik: Wiesbaden hat (immer) noch keine regierungsfähige Mehrheit. Als Mitglied einer der verhandelnden Fraktionen halte ich mich mit Kommentaren zurück, aber den Bericht über den Wiesbadener CDU Parteitag aus der FAZ vom 9. Juni möchte ich hier bringen, zumal tatsächlich das Ostfeld als Begriff auftaucht! Dieser „neue Stadtteil“ (wurde er schon gebaut?) sei zu einem „machtpolitischen Spielball“ geworden. Bescheidene Frage von mir: von wem denn? Oder besser: von wem denn nicht?

Beginnen wir mit dem Westfeld. Hier ist richtig Energie und Aktivität zu vermelden. Insbesondere die Ortsbeiräte Dotzheim und Schierstein, aber auch die betroffenen Landwirte/Gemüsebauern positionieren sich klar und artikulieren ihre Bedürfnisse deutlich. Hier gerne nochmals den Hinweis auf die Homepage: https://www.westfeld-erhalten.de/

Problematisch aus Sicht des Klimaschutzes ist die Entwicklung in Mainz. Dort fühlt man sich auf dem Weg zur Apotheke der Welt; Biontech ist natürlich (auch) eine (wirtschaftliche) Riesenstory. Und der Erfolg macht Lust auf Mehr. Alles verständlich und nachvollziehbar. Aber für welchen Preis? Biotech-Hub ist das Kürzel für den Mainzer Wunsch, Flächen für Gewerbeansiedlungen aus der Biotech-Branche auszuweisen. Den dann zugebauten Flächen und der klimatischen Auswirkung ist es gleich, welches Gewerbe auf ihnen betrieben wird.

Die Mainzer Grünen stehen mehrheitlich hinter dieser Entwicklung, das ist wohl Fakt. Aber was für das Ostfeld gilt, gilt für jegliche Stadtentwicklung und jede Bebauung: klimaneutrales Bauen gibt es nicht. Wir müssen uns entscheiden, ob wir kräftig auf die Klimabremse treten und kleinere Brötchen backen, oder ob wir, um im Bild zu bleiben, uns gleich aufs Toastbrot setzen.

Wiesbaden begeht und feiert das Jahr des Wassers. Eine der zahlreichen Veranstaltungen in diesem Zusammenhang ist eine Ausstellung im Foyer des Rathauses; die Doppelausstellung befasst sich mit Thermalwasser und dem Wetter. „So ganz nebenbei“ erfährt die interessierte Bürgerschaft, dass sich in Wiesbaden die Zahl der heißen Tage, Schnittpunkt ab Dekade bis 1990, verdoppelt hat. Nähere interessante Infos im Artikel. (Lernfrage: seit wann wird in Wiesbaden das Wetter aufgezeichnet?)

Nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit läuft in der Regionalversammlung Südhessen die nächste… Schw…. ei. Näheres in der anliegenden Presseerklärung der Grünen Fraktion in der Regionalversammlung aus dem Mai 2022. Wie viele Medien haben diese Meldung/das Thema Landesweite Klimaanalyse aufgegriffen? Richtig nullkommanull. Wenn meine Empörungsdrüse nicht bereits total ermüdet wäre, würde ich auf den Tisch springen. Weniger wegen des medialen Desinteresses, mehr wegen der politischen Ignoranz.

Kurz in meinen Worten: die politisch Verantwortlichen beauftragen eine umfassende Klimaanalyse (Gut und richtig!). Dann kommen erste Erkenntnisse in Verwaltung und Politik an. Reaktion: Auweia, so schlimm? Müssen wir weichspülen. Sonst dürfen wir nicht mehr bauen, bauen, bauen. Weichspülen geht so einfach nicht. Ergo müssen wir es politisch austanzen. Und das läuft gerade, siehe die Pressemeldung. Auch das ist zu sagen: Auftraggeberin des Klimagutachtens ist das Hessische Wirtschaftsministerium. So richtig gekämpft, vorsichtig gesagt, wird dort nicht für Konsequenzen aus dem Gutachten.

Im letzten Update hatte ich von meiner Frage in der Stadtverordnetenversammlung zur Schienenanbindung Ostfeld berichtet. Die Antwort des zuständigen Dezernenten, in Personalunion Oberbürgermeister, liegt vor. Und an.

Lest selbst.

Eine kurze Einschätzung von mir: Antworten 1-3: Nullnummer. Antwort zu 4: eine Beleidigung des gesunden Menschenverstands. Haltepunkte im Ostfeld werden vermutlich aus dem SEM-Topf bezahlt, weil die braucht man ja um das Gebiet zu erschließen. Aber die Gleise nicht. Warum eigentlich nicht? Daraus folgt doch: Die Gleise werden nicht für die Erschließung des Ostfelds gebraucht, also braucht man gar keine Gleise… für die Haltepunkte… Hä? Das bekomme ich nicht rund.

Warum eigentlich, siehe Antwort 5, eine neue Verkehrsuntersuchung? Man lese: https://dein.wiesbaden.de/wiesbaden/de/home/file/fileId/927/name/Verkehrsgutachten%20ZIV Ist das nicht mehr aktuell? Oder was ist die Motivation für eine neue Untersuchung?

Ich zitiere einen meiner Berater: „Mende ignoriert vollends, dass das Gebiet zwischen 3 Schnellstraßen liegt. Wie attraktiv soll denn der ÖPNV sein, dass man sein Auto stehen lässt bzw. keins kauft? Umsonst-Taxis ins ganze Rhein-Main-Gebiet? Das steckt in der Antwort so viel Wunschdenken…“

Ich bleibe dabei. Das Projekt Ostfeld ist von vorne bis hinten krumm.

Es gibt sie noch, die klaren Geister: Der Leserbrief von Herrn von Kayser „Wenig Sinn“, Wiesbadener Kurier vom 8. Juni 2022, schlägt in wenigen Zeilen den Bogen vom Gespenst des klimaneutralen Bauens bis zur Frage, ob Wiesbaden das Ostfeld braucht: Nein!

Apropos klare Geister: Das Bündnis Stadtklima hat einen neuen Flyer herausgebracht; siehe Anlage. Unter der Überschrift „Ostfeld und Westfeld erhalten!“ schaffen die Initiativen das, was den politisch Verantwortlichen in Wiesbaden nicht gelingen will: sie sehen die Wiesbadener Stadtentwicklung im Zusammenhang.

Es geht nur vordergründig um Westfeld oder Ostfeld. Es geht im Kern darum wie und wohin sich unser immer noch wunderschönes Wiesbaden entwickeln will. Bleibt Wiesbaden lebenswert, charmant mit durchaus ein wenig provinzieller Anmutung durch die Vororte? Oder eine völlig überhitzte Großstadt wie viele andere auch?

Die Entscheidung liegt bei den Bürgerinnen und Bürgern. Sollte man meinen. Ich wiederhole die Frage: woher nimmt der aktuell regierende Magistrat mit Oberbürgermeister Mende an der Spitze die Legitimation für den beinharten Wachstumskurs? Im vielzitierten Wisek2030 https://www.wiesbaden2030.de/informationen.html finde ich diesen Auftrag nicht.

Wiesbaden ist nicht der Nabel der Welt. Aber ein Teil der Welt. Insofern ist es immer wichtig, seinen Blick auch mal weiter als Rhein und Taunus zu richten.

Es ist jetzt gut ein Jahr her, dass das Bundesverfassungsgericht die damalige Bundesregierung zu mehr Klimaschutz verdonnerte: Eine Generation dürfe nicht große Teile des Treibhausgas-Budgets verbrauchen, nur, weil die aktuell politisch ausgehandelte Reduktionslast milde ausfällt, urteilten die Richter. Dies hätte nämlich zur Folge, dass den nachfolgenden Generationen eine radikale Reduktionslast überlassen werde, welche deren Leben „umfassenden Freiheitseinbußen“ aussetzen würde. Geklagt hatten junge Menschen aus dem In- und Ausland, die Bundesregierung musste ihre Gesetze ändern. Das klassische David-gegen-Goliath-Prinzip: Klagen für mehr Klimaschutz.

„Climate Change Laws of the World“ heißt eine Datenbank, die Klimaklagen weltweit sammelt und zur Verfügung stellt. Die bekommt jetzt einen neuen Eintrag hinzu: Bio-Bauer Ulf Allhoff-Cramer hat zusammen mit drei anderen Personen und unterstützt durch Greenpeace den Konzern VW verklagt. Die Klagenden wollen erreichen, dass Volkswagen juristisch zum Klimaschutz verpflichtet wird, wie es etwa Staaten wie Deutschland oder die Niederlande bereits sind. Die ganze Geschichte zum Mutmachen gibt es hier: https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/unser-hof-ist-bedroht-warum-bio-bauer-allhoff-cramer-volkswagen-verklagt/28362868.html

Das soll’s für heute gewesen sein. Ein schönes langes Brücken-Wochenende für die Glücklichen und alle anderen wünsche ich von Herzen!

Ronny Maritzen

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