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Offener Brief und Petition an die neue Stadtregierung von Wiesbaden 

Offener Brief und Petition der BI Grüne Zukunft Freudenberg
Wiesbaden, den 11.10.2022 

Liebe Stadtregierung, liebe neue (und alte) Dezernentinnen und Dezernenten, 

natürlich wünschen wir uns als Bürger, dass die neue Regierung Wiesbadens mit frischem Mut und der Fähigkeit zur Neubewertung anstehender Probleme an die Arbeit geht!

Auf eines dieser anstehenden Probleme wollen wir Sie hier als BI „Grüne Zukunft Freudenberg“ aufmerksam machen: das Bauvorhaben der Helios GWW am jetzigen Hubschrauberlandeplatz der Klinik.

Man muss davon ausgehen, dass sich die Grundlagen für die Entscheidung zur Bebauung und Versiegelung der Grünfläche mit Wohntürmen im zurückliegenden Jahr bedeutsam verändert haben.

Eine Neuüberlegung der Pläne der Helios und GWW ist deshalb aus unserer Sicht aus folgenden Gründen nötig und sinnvoll.

  • 1.) Der Sommer 2022 wird von maßgeblichen Fachinstitutionen (wie HLNUG und DWD) fast sarkastisch als „normaler Extremsommer“ bezeichnet. Die Hitze-Prognosen, wie sie zum Beispiel in der Klimprax-Studie für Wiesbaden/Mainz vorhergesagt wurden, sind in eklatanter Weise von der Realität eingeholt und bestätigt worden.

    Die Zahl der heißen „Tropennächte“ ist auch 2022 im Stadtteil Freudenberg zu einer Belastung der Einwohner geworden. Es fehlen jedoch angemessene Reaktionen der verantwortlichen Politiker und Politikerinnen, neue Hitzeinseln aufgrund unnötiger Versiegelungen zu verhindern.
  • 2.) Auch wirtschaftliche Neuüberlegungen zu dem Projekt sind angebracht. Steigende Baukosten, Materialengpässe und ungesicherte Finanzierungen bei vielen Bauprojekten sollten die Stadtplaner und hier besonders die GWW zum Nachdenken zwingen, ob die geplanten 6 Wohntürme mit ihren teuren Wohnungen wie geplant zu verwirklichen sind. Es bestehen weiterhin Zweifel darüber, ob diese Wohnungen wirklich für Krankenschwestern und -pfleger der Helios bezahlbar werden. Ansonsten müsste man sie als reine Investitionsprojekte betrachten, die sich jedoch auch wirtschaftlich für die Stadt rechnen müssten.
  • 3.) Auch der Abriss aller bestehenden Gebäude der Klinik wäre vorausblickend zu überdenken. Als Alternative kann man bestehende Gebäudeteile der Klinik für den Wohnbedarf umgestalten. Dazu bedarf es nur eines entsprechenden Knowhows, das eine städtische Gesellschaft wie die GWW für die Zukunft benötigt.

    Bestandsobjekte zu sanieren wird in Fachkreisen als der naheliegendste Weg angesehen, attraktive und kostengünstige Immobilien zu schaffen. Dieses Credo ist aus etwa Kreisen der Architektur- und der Immobilienwirtschaft immer mehr zu hören und durch Stadtplaner nicht so einfach wie bisher wegzuschieben. Zudem klagt die Bauwirtschaft darüber, dass es kaum noch die nötigen Deponie-Kapazitäten für ungebremste Abriss-Fantasien gibt. Ein Deponie-„Tourismus“ setze sie auf unverantwortliche Art unter Druck. Also, wohin mit dem Bauschutt, wie ökologisch ist das und was kostet es die Stadt?
  • 4.) Der bisherige argumentative „Rückzug“ der Planer auf das seit über 40 Jahren bestehende Baurecht ist der Situation nicht mehr angemessen (s.o.) Es ist Gelände der Stadt Wiesbaden und kann, wenn gewollt, auch politisch verändert werden. Eine geplante Bebauung hätte negative Auswirkungen auf die benachbarten Wohngebiete und das Mikroklima des Stadtteils. Die Versiegelung weiterer Grünflächen Freudenbergs ist ebenfalls bereits in Gang gesetzt und noch zu befürchten.

    Dagegen stimmen wir mit der HLNUG überein:

„Grün- und Freiflachen können selbst im Fall von geringer Kaltluftproduktion in unmittelbarer Nähe zu stark verdichteten bebauten Gebieten zu einer Verbesserung, besonders der Nachtsituation, beitragen. Hieraus kann sich auch eine höhere Bedeutung von kleineren Ausgleichsflächen ableiten, die innerhalb von Belastungsgebieten liegen.“

Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG), Interaktive Entscheidungshilfe Stadtklimaanalysen S. 26, Februar 2022

Lassen Sie uns also an dem „Zauber des Neuanfangs“ unserer Regierung teilnehmen, der für uns Bürger und Bürgerinnen immer mit einer Hoffnung verbunden ist und zeigen Sie nötige Fähigkeit zur Neubesinnung und kühlen Überlegung.

Mit freundlichen Grüßen,
BI Grüne Zukunft Freudenberg
Wiesbaden, 12.10.2022

P.S.: Dazu gehört die auf dem Westfeld-Fest vom 8.10.2022 von mehr als 130 Personen unterschriebene Petition.


Petition

An die neue Stadtregierung in Wiesbaden, Magistrat der Landeshauptstadt Wiesbaden, an das Umweltdezernat Wiesbaden, an die Parteien der Stadtverordneten-Versammlung Wiesbaden

Wir ersuchen die oben angesprochenen Adressaten und Verantwortlichen,

  • den über 40 Jahre alten Bebauungsplan des Geländes der Horst-Schmidt-Kliniken zu überdenken und zu überarbeiten
  • und damit den Erhalt der für das Stadtteilklima wichtigen restlichen Grünflächen des HSK-Areals zu ermöglichen, insbesondere der Frisch- und Kaltluftentstehungsgebiete sowie der Biotop-Verknüpfung des alten Hubschrauber-Landeplatzes,
  • weiterhin eine Machbarkeitsstudie zur möglichen Umwidmung, Umbau und Sanierung von alten HSK Gebäuden einzuleiten, um damit eine ernsthafte Prüfung dieser Option durchzuführen.

Begründung:
Der über 40 Jahre alte Bebauungsplan des der Stadt gehörenden Geländes ist nicht mehr zeitgemäß. Er berücksichtigt nicht die ökologischen Auswirkungen einer weiteren ausgedehnten Bebauung auf das Mikroklima des Stadtteils Freudenberg, besonders angesichts des Klimawandels.

Wir befürchten, dass durch eine massive, stattfindende und geplante Bebauung des Geländes
mit der neuen Helios Klinik,
mit der Zwerg Nase Klinik,
mit dem Neubau des Elisabeth-Selbert-Gymnasiums,
mit den Bau eines Wohnheims neben der Zwerg Nase Klinik in einer Kaltluftschneise,
besonders aber durch die geplante Versiegelung des Frisch- und Kaltluft-Entstehungsgebietes am alten Hubschrauber-Landeplatz,
sowie weiteren möglichen Planungen eines „Gesundheitszentrums“ auf dem Gelände
das Mikroklima des Stadtteils Freudenbergs negativ beeinflusst wird.

Eine Umnutzung der alten HSK-Gebäude könnte die Öko-Bilanz des Neubaus der Klinik deutlich verbessern und die Kosten des gesamten Vorhabens fühlbar senken.

Eine Gesamtschau aller möglichen Beeinträchtigungen des Stadtteil-Klimas, auch in Verbindung mit einer Bebauung des Westfelds, ist durch die verantwortlichen Planer zu leisten.