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„Fluglärm stört angeblich kaum“ – Wie weit ist der Oberbürgermeister bereit zu gehen?

„Fluglärm stört angeblich kaum“ – Wie weit ist der Oberbürgermeister bereit zu gehen?

Presseerklärung der Aktionsgemeinschaft “Hände weg von Os/Ka” vom 25. Oktober 2023

Wiesbaden im Lärmstreit: Bürgerinitiative fordert rechtskonforme Fluglärmberechnung. Gutachten von ADU-Cologne: Das Thema Fluglärm ist weder geklärt noch beendet.

Dirting Airfield Erbenheim Lärmschutzbereich Tag/Nacht, Perspektive 1  „Fluglärm stört angeblich kaum“ – Wie weit ist der Oberbürgermeister bereit zu gehen?

Polit-PR können Oberbürgermeister Mende und sein Team“, erkennt Philipp Pfefferkorn, Sprecher der BI „Hände weg von Os/Ka“, an. „Die Wiesbadener Bürgerschaft aber hat Anspruch auf Ehrlichkeit und das Einhalten von Gesetzen. Ohne Wenn und Aber.“

Die am 17.10.2023 in nichtöffentlicher Sitzung einem ausgewählten Kreis von Stadtverordneten präsentierten Gutachten zur geplanten Bebauung des Ostfelds werfen ernsthafte und grundlegende Fragen auf. Insbesondere zum Lärmgutachten.

Im Gutachten erläutern die Autoren wort- und faktenreich, warum der Fluglärm schon nicht so schlimm sei und auch nicht werde. Nur um dann zu präsentieren:

„Die Messung ersetzt nicht die Berechnung über den Verlauf eines möglichen Lärmschutzbereichs.“ [1]

Zur Einordnung: Es wurden namhafte Gutachter aus Köln ein Jahr lang damit beschäftigt, Messstationen im Ostfeld zu betreiben und die Ergebnisse minutiös auf einem 205 Seiten umfassend Gutachten zu dokumentieren. [2] Um dann zu kommunizieren: Genügt nicht den zwingenden gesetzlichen Erfordernissen. Was soll dieser Unfug?

Hierzu der Fluglärmexperte Michael Dirting, der bereits 2020 dokumentiert hat, welche Baubeschränkungen [3] das Airfield Erbenheim für das Ostfeld hat:

„Und diese Ergebnisse nach den vorgeschriebenen gesetzlichen Verfahren haben es in sich. Schon damals [August 2020] wurde klar, dass mit größter Wahrscheinlichkeit ca. 20 von 67 ha Ostfeld in nicht bebaubaren Lärmschutzzonen liegen wird. Alle Institutionen, alle Politiker wurden seinerzeit umfassend informiert. Da es wohl damals schon das Aus für das Ostfeld bedeutet hätte, hüllten sich alle Protagonisten in Schweigen. Zum Widerspruch fehlten die Argumente! Die SEG versucht derweil durch Immissionsmessungen fernab der Einflugschneisen von den wahren Problemen abzulenken und den Menschen zu suggerieren, dass es keine Lärmschutzzonen geben wird.“

Michael Dirting, Fluglärmexperte und Lufthansa-Kapitän i. R.

Es ist erschreckend, dass Oberbürgermeister und Stadtplanungsdezernent Mende das Lärmgutachten als „abschließend“ bezeichnet, [4] obwohl es in keiner Weise den Anforderungen des Fluglärmschutzgesetzes entspricht.

Das Airfield Erbenheim ist ein Militärflughafen. Er unterliegt den klaren Bestimmungen des Fluglärmschutzgesetzes. Diese erfordern die Ausweisung von Lärmschutzbereichen, die nach gesetzlichen Vorgaben in einem definierten Prozess berechnet werden müssen. [5]

Da die US-Army bislang die erforderlichen Daten nicht zur Verfügung gestellt hat – so die Begründung – wurden Lärmmessungen durchgeführt. Diese sind bekannterweise nicht gerichtsfest und die Gutachter räumen das auch unverblümt ein.

Ist das ein weiterer Versuch, die Öffentlichkeit hinters Licht zu führen?

Ein teures, aufwändiges und letztlich nutzloses Gutachten, nur für die Schlagzeile „Alles nicht so schlimm mit dem Fluglärm“?

Hier wurden hohe Summen öffentlicher Gelder für ein Gutachten ausgegeben, das nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Gleichzeitig sollen im städtischen Haushalt 2024/25 drastische Einsparungen im sozialen Bereich wie bei Jugendzentren, Schulen etc. vorgenommen werden. Wessen Interessen vertritt die Stadt mit der Ostfeld-Planung also? Die ihrer Bürger? Äußerst fraglich.

Die Bürgerinitiative „Hände weg von Os/Ka“ fordert daher die Stadtverordnetenversammlung auf, die gravierenden Mängel im Lärmgutachten ernsthaft zu prüfen. „Es muss sichergestellt werden, dass die weiterhin geplante Bebauung des Ostfelds den gesetzlichen Anforderungen an den Fluglärmschutz entspricht. Hierzu gehört die Ausweisung eines Lärmschutzbereichs gem. § 4 (1) Nr. 3 FluLärmG. Rechtssicherheit ist das Gebot der Stunde. Sonst wird das Ostfeld sicher vor Gericht scheitern“ meint der Sprecher der Bürgerinitiative.

Wir fordern die Stadtverordnetenversammlung auf, endlich im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zu handeln. Es gilt schließlich Schaden von den Wiesbadenerinnen und Wiesbadenern abzuwenden. Ein Wohngebiet mitten in die Einflugschneise eines Flughafens zu planen war von Anfang an eine höchst fragwürdige, gar menschenfeindliche Idee. Denn Fluglärm macht krank.

„Wir empfinden die Vorgänge rund um die Gutachten und deren Erstpräsentation am 17. Oktober 2023 als äußerst bedenklich. Die Präsentation fand in nichtöffentlicher Sitzung statt, trotz parlamentarischen Protests aus dem Ortsbeirat Mainz-Kastel.[6] Am Tag darauf wurde breit über diesen Termin berichtet. Wo ist da der Sinn der Nichtöffentlichkeit? Fortwährend wird aus dem Rathaus die hohle Phrase der ‚Transparenz‘ beim Ostfeld bemüht. Die Themen Fluglärm und Lärmschutz sind weder beendet noch geklärt und schon gar nicht abgeschlossen. Wir fühlen uns verhöhnt,“ schließt der Sprecher der Bürgerinitiative.

Mainz-Kostheim, 25. Oktober 2023,

Philipp Pfefferkorn
für die Aktionsgemeinschaft „Hände weg von Os/Ka“

Weitere Veröffentlichungen der Aktionsgemeinschaft:
www.buendnis-stadtklima.de/haende-weg-von-oska/


Dieser Pressemitteilung liegen zwei Luftbilder bei, die bereits im September 2020 vom Luftfahrtexperten Michael Dirting veröffentlicht wurden. Sie zeigen die Ergebnisse seiner Berechnungen zum Lärmschutzbereich und den Siedlungsbeschränkungen für das Wohngebiet am Ostfeld.


[1] Stadtplanungsamt Wiesbaden sowie SEG: Präsentation vom 17.10.2023 zur städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) Ostfeld, Wiesbaden, Oktober 2023. Abrufbar unter: https://dein.wiesbaden.de/wiesbaden/de/home/file/fileId/4342/name/Gesamtpräsentation%20Ausschüsse%2017.10.2023

[2] Abschlussbericht zu den Schallimmissionsmessungen für das Stadtentwicklungsprojekt „Ostfeld / Kalkofen“ in Wiesbaden, ADU-Cologne, Köln, Oktober 2023. Abrufbar unter: https://dein.wiesbaden.de/wiesbaden/de/home/file/fileId/4339/name/Abschlussbericht%20Schallimmissionsmessung.pdf

[3] Michael Dirting, Luftfahrtexperte und Pilot im Ruhestand: Bauverbot und Siedlungsbeschränkung durch das Airfield Erbenheim, Wiesbaden, September 2020. Abrufbar unter: https://www.buendnis-stadtklima.de/2020/09/02/bauverbot-und-siedlungsbeschraenkung-durch-das-airfield-erbenheim/

[4] Pressemitteilung der Stadt Wiesbaden: Ostfeld – Stadt stellt Gutachten zu Klima und Schallimmissionen vor, Wiesbaden, 17.10.2023. Abrufbar unter: https://www.wiesbaden.de/guiapplications/newsdesk/publications/Landeshauptstadt_Wiesbaden/141010100000455161.php

[5] Hierzu sei auf die Anleitung zur Berechnung von Lärmschutzbereichen (AzB) verwiesen. Abrufbar unter: https://www.hlnug.de/fileadmin/dokumente/laerm/gesetze/flugverkehr/AzB_07.pdf

[6] Wiesbadener Kurier vom 6.10.2023: Ortsbeirat Kastel will mehr zum Ostfeld wissen. Abrufbar unter: https://www.wiesbadener-kurier.de/lokales/wiesbaden/kastel/ortsbeirat-kastel-will-mehr-zum-ostfeld-wissen-2918495

Dirting Airfield Erbenheim Lärmschutzbereich Tag/Nacht, Perspektive 1  „Fluglärm stört angeblich kaum“ – Wie weit ist der Oberbürgermeister bereit zu gehen?
Dirting Airfield Erbenheim Lärmschutzbereich Tag/Nacht, Perspektive 2  „Fluglärm stört angeblich kaum“ – Wie weit ist der Oberbürgermeister bereit zu gehen?

Die Bilder wurden bereits im August/September 2020 veröffentlicht: https://www.buendnis-stadtklima.de/2020/09/02/bauverbot-und-siedlungsbeschraenkung-durch-das-airfield-erbenheim/